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Fakten gegen Zahnmythen

Zahnmythen – weiter verbreitet, als man glaubt

Mythen und Legenden gibt es auch in unseren modernen, aufgeklärten Zeiten viele. Manche halten sich hartnäckig über viele Generationen hinweg. Heutzutage scheinen vor allem die „Social Media“ und Internetforen die beste Plattform für ihre Verbreitung zu sein. Auch in Sachen Zahngesundheit und Zahnpflege kursieren viele Mythen, die zahnmedizinisch betrachtet den Fakten nicht standhalten und sich im schlimmsten Fall sogar gesundheitsgefährdend auswirken. Hand aufs Herz: Hätten Sie bei den folgenden populären „Zahnmythen“ jedes Mal gewusst, ob es sich um eine zahnmedizinisch fundierte „Wahrheit“ oder schlichten Aberglauben handelt?

Mythos 1: Jedes Kind kostet einen Zahn

Nein. Fakt ist lediglich, dass in der Schwangerschaft das Zahnfleisch durch die hormonelle Umstellung sehr empfindlich wird und es auch schneller zu Zahnfleischentzündungen (Gingivitis) kommen kann. Wenn die werdende Mutter dann auf das Zähneputzen oder auch nur das Putzen der empfindlichen Stellen verzichtet, riskiert sie die Entstehung von Karies und Gingivitis und im schlimmsten Fall eine andauernde Entzündung des Zahnhalteapparats (Parodontitis), die zu Zahnausfall führen kann. Schwangere, die ihre Zähne richtig und gründlich pflegen, alle drei Monate zur Kontrolle zum Zahnarzt gehen und sich (zahn-) gesund ernähren, erhalten sich alle ihre Zähne und machen gleichzeitig den ersten Schritt zur Vorbeugung von Karies und Zahnfleischentzündung bei ihrem Kind. Denn eine sorgfältige Zahnhygiene der Mutter verringert die Menge an schädlichen Keimen in ihrem Mund. So kann sich das Baby nicht so leicht über seine Mutter anstecken. Fazit: Zahnverlust ist keineswegs ein unvermeidbares Schicksal, das mit jeder Schwangerschaft einhergeht!

Mythos 2: Schlechte Zähne sind erblich

Das trifft ebenfalls nicht zu. Auch wenn viele körperliche Merkmale wie zum Beispiel die Augenfarbe oder die Körpergröße erblich sind, gibt es kein Gen für schlechte Zähne. Jedes Kind kommt mit der Anlage zu gesunden Zähnen zur Welt und kann diese auch ein Leben lang behalten, wenn die Mundpflege stimmt. Und das heißt regelmäßige und sorgfältige Zahnpflege vom ersten Zähnchen an und regelmäßige Zahnarztbesuche bereits ab dem Kleinkindalter.

Mythos 3: Milchzahnkaries ist harmlos

Das ist ganz und gar nicht der Fall. Bei (zahn-)gesunder Ernährung und regelmäßiger, sorgfältiger Zahn- und Mundpflege von klein auf muss Milchzahnkaries gar nicht erst entstehen. Tritt jedoch eine Karies an den Milchzähnen auf, muss sie dringend behandelt werden, da frühzeitig verlorene Milchzähne im schlimmsten Fall zu Zahnfehlstellungen führen. Außerdem bilden sich durch Milchzahnkaries Kariesherde im Mund, die auch zur Beeinträchtigung der bleibenden Zähne führen können. Vorsicht vor allem vor der sogenannten Nuckelflaschenkaries, die entsteht, wenn das Kind häufig an einem Fläschchen mit gesüßtem Kindertee oder Fruchtsäften und Fruchsaftschorlen nuckelt. Das kann schlimme Folgen für die Milchzähne haben.

Mythos 4: Ein Apfel ersetzt das Zähneputzen

Leider weit gefehlt. Es handelt sich hier um das vielleicht hartnäckigste Zahngerücht und ist wohl daraus entstanden, dass dem Apfel viele gesundheitsfördernde Eigenschaften nachgesagt werden. In der Tat ist ein Apfel ein gesundes Nahrungsmittel, das neben Vitamin C auch viele Mineralstoffe enthält. Aber als Ersatz für Zahnbürste, Zahnpasta & Co. taugt ein Apfel nicht. Denn Äpfel enthalten bekanntermaßen viel Fruchtsäure, die den Zahnschmelz angreift, so dass Karies entstehen kann. Außerdem ist ihr Fruchtzucker der ideale Nährboden für Kariesbakterien. Diese scheiden als Stoffwechselprodukt Säuren aus, die ebenfalls die gefürchteten Löcher im Zahn verursachen können. Das gründliche Kauen beim Verzehr von Äpfeln mag zwar oberflächliche Beläge von den Zähnen entfernen, die hartnäckigen Beläge und die Speisereste, die an schwer zugänglichen Stellen festsitzen, entfernt es aber nicht.

Mythos 5: Kaugummikauen erspart das Putzen

Keineswegs. Auch wenn zuckerfreies (!) Kaugummi immer beliebter wird und die Werbung es uns als wirksames Zahnpflegemittel verkaufen will, kann es kein Ersatz für gründliches Zähneputzen sein. Richtig ist jedoch, dass das Kauen von zuckerfreiem Kaugummi eine sinnvolle Ergänzung zur täglichen Zahnpflege sein kann. Das Kauen regt nämlich die Speichelproduktion an. Speichel neutralisiert nicht nur die gefährlichen Säuren im Mund, er remineralisiert die Zähne durch Inhaltsstoffe wie Kalzium, Fluorid und Phosphat und macht so den Zahnschmelz widerstandsfähiger. Durch die Bewegungen im Zungen- und Backenbereich beim Kauen erfolgt außerdem eine mechanische Reinigung von Zähnen und Zunge. Dennoch sollte man es mit dem Kauen nicht übertreiben: Permanentes Kaugummikauen kann das Kiefergelenk überlasten und schmerzhafte Folgen haben.

Mythos 6: Tüchtig schrubben ist am besten

Vorsicht vor „Wahrheiten“ dieser Art, für die offensichtlich das Motto „Viel hilft viel!“ Pate gestanden hat. Wer beim Zähneputzen nach dieser Maxime handelt, schrubbt sich den schützenden Zahnschmelz von den Zähnen und läuft Gefahr, das Zahnfleisch zu verletzen. Noch schlimmer ist es, wenn man Verfärbungen und Belägen an den Zähnen mit einer Zahnpasta den Garaus machen möchte, die aggressive Schleifmittel enthält. Erreicht wird genau das Gegenteil von dem, was man sich erhofft. Denn ist der Zahnschmelz erst einmal angegriffen, schimmert das gelbe Zahnbein (Dentin) durch und die Zähne erscheinen gelblich statt weiß. Zahnmediziner empfehlen, mit der Zahnbürste nur leichten Druck auszuüben. Der optimale Druck lässt sich gut mithilfe einer Küchenwaage trainieren: Zeigt die Waage nicht mehr als 150 bis 200 Gramm Belastung an, putzt man mit diesem Druck genau richtig. 

Mythos 7: Immer von rot nach weiß putzen

Ganz so einfach ist es nicht. Wer immer nur vom Zahnfleisch aus in Richtung Zahnkrone putzt, gelangt mit der Zahnbürste nicht unter den Zahnfleischrand, also an die Stellen, an denen sich Bakterien besonders gerne ansiedeln und Zahnhalskaries und Parodontitis hervorrufen können. Der Zahnarzt und sein Praxisteam erklären gerne, wie man sich die Zähne richtig putzt: mit der sogenannten „Bass“- oder Rütteltechnik, bei der die Zahnbürste in einem 45-Grad-Winkel genau am Zahnfleischrand angesetzt und mit leichten rüttelnden Bewegungen auf der Stelle bewegt wird. Mit einer leichten Drehbewegung nach oben, in Richtung der Zunge, gelangt man ein Stück weiter. Durch diese Putztechnik werden Speisereste aus den Zahnfleischtaschen und Zahnzwischenräumen geholt und Beläge von den Zähnen gelöst.

Mythos 8: Zahnhygiene ist nur für den Mund wichtig

Das ist ein gravierender Irrtum. Keime, die Zahnfleischentzündung und Parodontitis hervorrufen, können sich über die Blutbahn im ganzen Körper verteilen und Entzündungsherde bilden, die Gewebe und Organe schädigen. Eine schlechte Mundhygiene kann daher nicht nur zu Erkrankungen der Zähne und des Zahnfleisches, sondern auch zu Allgemeinerkrankungen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen – z. B. Herzinfarkt oder Schlaganfall! – führen. Auch besteht ein erhöhtes Risiko für Atemwegsinfektionen. Die Forschung stößt hier auf immer mehr medizinische Zusammenhänge. 

Mythos 9: Osteoporose schadet nur Rücken und Hüften

Dem ist nicht so. Tatsächlich kann Osteoporose auch zu Zahnverlust führen. Wenn der Kieferknochen durch Osteoporose zurückgeht, verlieren die Zähne ihren Halt.

Mythos 10: Häusliche Zahnpflege ersetzt die PZR

Nein. Selbst bei sorgfältigster häuslicher Pflege gibt es Stellen, an die die Zahnbürste nicht hingelangt. Hier bilden Bakterien mit der Zeit Beläge. Bei der Professionellen Zahnreinigung (PZR) in der Zahnarztpraxis werden auch diese Stellen erreicht und alle Beläge auf den Zahnoberflächen, in den Zahnzwischenräumen und in den Zahnfleischtaschen mit speziellen Handinstrumenten oder mit Ultraschall-Geräten entfernt sowie Verfärbungen durch Tee, Kaffee oder Nikotin beseitigt. Neben einer Glättung der Zahnflächen sowie einem Auftragen von Fluorid- Gel oder -Lack zur Stärkung des Zahnschmelzes gehört auch eine individuelle Beratung zur häuslichen Mundhygiene mit zur PZR. Eine regelmäßig durchgeführte PZR unterstützt und ergänzt also die eigene Zahnpflege.

Mythos 11: Ein toter Zahn macht keine Schmerzen

Das Gegenteil ist wahr. Auch wurzelbehandelte Zähne, die keinen Zahnnerv mehr haben, können Ursache für eine Entzündung sein. Eine solche Entzündung, die den Knochen um die Zahnwurzel befällt, kann Schmerzen verursachen. Hier kann nur der Zahnarzt helfen.

Mythos 12: Implantate bedürfen keiner Pflege

Auch dies ist ein Mythos, dem man keinen Glauben schenken darf. Gerade Implantate erfordern einen erhöhten Pflegeaufwand und regelmäßige Kontrolluntersuchungen in der Zahnarztpraxis. Implantate können aufgrund schlechter Pflege und mangelnder Kontrollen verloren gehen. Wie Sie sich selbst überzeugen konnten, gilt die Annahme, dass in jedem Mythos ein wahrer Kern steckt, für „Zahnmythen“ erwiesenermaßen nicht. Wenn Sie aber eine sorgfältige und konsequente Zahnpflege betreiben, regelmäßig zur Kontrolluntersuchung gehen und bei allen Gerüchten, die Ihnen in Sachen Zähne zu Ohren kommen, lieber erst Ihren Zahnarzt fragen, können solche Mythen Ihrer Zahngesundheit nichts anhaben.

Dr. Heinz Plümer, Dr. Susanne Schorr, Susanne Krieger

Bild Startseite und diese Seite: Fotolia / Alexander Limbach

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